Vortrag in der ACURA-Klinik Baden-Baden am 2. Nov 2023
40 Jahre Jodprophylaxe in Deutschland - (k)ein Thema für die Öffentlichkeit?
Dr. Timo Böhme
Vita und Ausblick
Geboren im Süden der DDR absolvierte Dr. Timo Böhme eine landwirtschaftliche Lehre und studierte Agrarwissenschaften an der Uni Halle-Wittenberg. Nach der Wende promovierte er an der Uni Göttingen mit einem Thema der Proteinanalytik. Er war jahrzehntelang tätig in der Forschung und als Versuchsleiter großer agro-chemischer Unternehmen. In der 17. Wahlperiode von 2016 bis 2021 gehörte er dem Landtag in RLP an. Als Abgeordneter recherchierte er über drei Jahre zum Thema Jodprophylaxe, sprach mit Befürwortern und Gegnern, kontaktierte Minister, Ministerien und Oberbehörden und stellte ein Dutzend Anfragen im Landtag. Zudem initiierte er eine verfassungsrechtliche Bewertung durch den wissenschaftlichen Dienst des Landtages. In seinem Buch „Chronik und Kritik zur Jodprophylaxe“ listet er nicht nur die entscheidenden Meilenstein chronologisch auf, sondern berichtet vom greifbaren Unwillen der Politik, bei Ministerien und Oberbehörden, sich mit dem Thema zu befassen oder gar eine öffentliche Debatte zuzulassen. Die Mauer des Schweigens, sowie das Fehlen öffentlicher Transparenz zu den Methoden und Ergebnissen der Jodprophylaxe führt er auf Fehler in der Vergangenheit zurück, welche heute eine Aufarbeitung und sinnhafte Weiterentwicklung der Jodprophylaxe verhindern. In seinem Vortrag beschreibt er wie zwei eingetragene Vereine über Bürger und Politik bestimmen und die Folgen ihres Wirkens jahrzehntelang verschleiern.
Vortragstext
Die Jodprophylaxe ist 40 Jahre alt geworden. So bezeugen es die Professoren des Arbeitskreises Jodmangel e.V., da ab 1983 im Süden der DDR jodiertes Speisesalz eingesetzt und dessen Anwendung 1985 auf die gesamte DDR und 1989 auf die gesamte Bundesrepublik ausgedehnt wurde.
Doch die Dame flunkert gewaltig mit ihrem Alter. Die Idee zu ihrer Existenz geht bereits auf das Jahr 1918 zurück, in dem ein Schweizer Arzt, Otto Bayard, im Nikolaital erste Versuche mit Jodkali im Speisesalz machte. Aus der Taufe gehoben wurde sie jedoch erst 1922 mit einer Empfehlung der Schweizer Kropfkommission und einem Jodsalzgesetz der Weimarer Republik. So feierte ein erlauchter Kreis aus Wissenschaft und Industrie bereits ihren hundertsten Geburtstag mit einem Kolloquium 2022 in der Schweiz. Was unter ihren eingeweihten Kavalieren gesprochen wurde, blieb der Öffentlichkeit verborgen. Zu groß ist die Angst um die Reputation der alten Dame, denn ihre Pubertät währte lange und war wechselhaft.
Ihre Empfehlung durch den Reichsgesundheitsrat 1925 und das Reichsgesundheitsamt 1932 wurden Opfer der Wirren jener Zeit. Selbst in der Schweiz, ihrer eigentlichen Heimat, konnte sie erst Ende der 50iger Jahre flächendeckenden Einfluss gewinnen. Zudem leidet sie wie jeder alternde Star am Verfall ihrer Popularität. So prophezeite der Ernährungsmediziner Dr. Max Otto Bruker in seinem Buch „Störungen der Schilddrüse“ (Bruker und Gutjahr, dritte Auflage 2000) wenig schmeichelhaft, dass sie ein „Heer von Schilddrüsenerkrankungen“ heraufbeschwören würde. Die Fachautorin Dagmar Braunschweig-Pauli erklärt sie in ihren Büchern „Jodkrank“ und „Die Jod-Lüge“ sogar zum „Jahrhundertirrtum“ und zum „Märchen vom gesunden Jod“. Kein Wunder also, dass die Dame zunehmend das Licht der Öffentlichkeit scheut. Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends lebt sie zurückgezogen und überlässt es ihren Kavalieren hin und wieder Nachrichten über ihre positive Aura zu verbreiten.
Debatten in der Öffentlichkeit meidet sie jedoch strikt.
Zudem scheinen ihr familiäre Schwierigkeiten zuzusetzen. Gerüchte sind im Umlauf, dass ihre ungeratene Tochter, die Jodierung von Tierfuttermitteln, als Teenager kräftig über die Stränge geschlagen haben soll. Von Drogenmissbrauch bei Jodgehalten bis zu 10 mg Jod pro Liter Milch ist die Rede. Auch ihre eigene Vergangenheit scheint sie einzuholen. Bei wilden Jodpartys wurden wohl etliche Opfer hinterlassen.
Diese Gerüchte riefen bereits Privatdetektive auf den Plan, welche Gesundheits- und Ernährungsstudien u.a. des Robert Koch Institutes durchwühlten und eine kontinuierlich steigende Anzahl von Schilddrüsenerkrankten in Deutschland entdeckten. Bestätigt wurden diese Enthüllungen von den Zahlen des Arzneiverordnungsreports. Schon werden Rufe nach einem öffentlichen Register und einer Statistik zu Schilddrüsen-erkrankungen laut. Es wird interessant sein zu beobachten, wie lange sie ihre PR-Strategie des Verschweigens noch aufrechterhalten kann. Möglicherweise fällt sie ja gemeinsam mit dem Bundeskanzler. Wer die politische Verantwortung für das jahrzehntelange Wegschauen beim wilden Jodtreiben übernimmt, bleibt abzuwarten.
Noch steht die Mauer des Schweigens.
Ja, meine Damen und Herren,
die kleine Moritat, welche ich gerade vorgetragen habe, spannt den Bogen über 100 Jahre Jodprophylaxe. Und damit haben Sie alle wesentlichen Informationen ja bereits erhalten, den Zeitrahmen, die Protagonisten, die Übertreibungen, die Auswirkungen. Aber Sie dürfen natürlich gern noch ein wenig bleiben, denn es gibt sicher noch das eine oder andere Detail, das für Sie interessant sein wird. Und, Sie dürfen natürlich auch gern mein Buch lesen „Chronik und Kritik zur Jodprophylaxe“, sie finden übrigens einen Auszug auf meiner Website www.jodprophylaxe.de. Und in diesem Buch komme ich zu folgendem Fazit:
Die Jodprophylaxe in der bestehenden Form hat das Heilsversprechen nicht eingelöst!
Die Jodprophylaxe war und ist in ihrer bestehenden Form grundgesetzwidrig und ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit!
Die Jodprophylaxe ist intransparent und ein Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung!
Die Jodprophylaxe weist einen problematischen selektiven Charakter auf!
Ich stelle Moritat und Fazit meinem Vortrag voran, da wir in einer Welt des Aufmerksamkeitsdefizites leben, man könnte auch sagen in einer Welt der gelenkten Informationsflut, wo Menschen nur wenige Sekunden mit einem Thema verbringen, bevor sie zur nächsten Nachricht weiterspringen.
Somit habe ich meine wesentlichen Nachrichten schon einmal abgesetzt. Vielleicht hat diese ADHS-Welt, in der wir leben, aber auch direkt etwas mit der Jodprophylaxe zu tun. Ganz konkret mit zu viel Jod in unserer Zirbeldrüse. Ihnen ist vielleicht bewusst, dass die Zirbeldrüse grundlegende Funktionen in unserem Gehirn steuert, so zum Beispiel den Wach-Schlaf-Rhythmus. Es lohnt sich also auf die Details zu achten.
Nun, darf ich Sie aber erst einmal ganz herzlich begrüßen zu meinem Vortrag 40 Jahre Jodprophylaxe in Deutschland - (k)ein Thema für die Öffentlichkeit?
Es ist doch erstaunlich, wir haben nach mehr als einer Generation Jodprophylaxe in Deutschland ein Jubiläum zum wahrscheinlich größten globalen Gesundheitsprojekt aller Zeiten und es gab keinen Festakt, keine Musik, keine schönen Reden über die großartigen Ergebnisse, keine politische Würdigung und keine Artikel in der Presse oder Beiträge in den Medien. Warum ist es so still um die Jodprophylaxe, warum schweigen die Protagonisten? Warum schweigt die Ärzteschaft? Warum schweigt die Politik? Möchten Sie öffentliches Aufsehen vermeiden? Möchten Sie keine Fragen beantworten?
Das Einzige, was ich in diesem Jahr gefunden habe, ist ein Podcast der BMEL-Reihe „Spitz die Löffel“ wo Frau Ann-Kristin Dorn den stellvertretenden Vorsitzenden des Arbeitskreises Jodmangel Prof. Thomas Remer interviewt - der sich hörbar durch die Sendung quält und auf die Frage, warum Menschen Jodsalz ablehnen, nichts anderes zu Antworten weiß als: Das wären wohl unerklärliche weltanschauliche Gründe. In dieser Sendung gibt es kein Wort zu Vorerkrankungen der Schilddrüse und darauf aufbauende negative Reaktionen auf Jod. Es gibt kein Wort zu aktuellen Forschungsergebnissen, welche darauf hindeuten, dass die Jodprophylaxe zur Zunahme von Schilddrüsenerkrankungen geführt hat. Es gibt kein Wort zur Futtermitteljodierung. Im Gegenteil, Prof. Remer spricht von natürlichem Jod in unseren Lebensmitteln, welches nicht ausreichend sei.
Dass ein Liter Milch über 100 µg Jod enthält und Stiftung Warentest in 2017 bis zu 500 µg Jod pro Liter gemessen hat, wird gar nicht erwähnt. Dass wir in der Summe von Futtermitteljodierung und Jodsalz problemlos über 300 µg Jod pro Tag aufnehmen können, teilweise über 500 µg, und die WHO schon seit zwei Jahrzehnten darauf hinweist, dass solche Mengen zu Schilddrüsenerkrankungen führen können, wird einfach übergangen. Dass in der Vergangenheit der Jodprophylaxe in Deutschland und der EU riesige Mengen an Jod zur Futtermitteljodierung eingesetzt wurden, hatte ich Eingangs in meiner Moritat erwähnt. Prof. Remer packt hier den über 40 Jahre alten Leierkasten des Arbeitskreises Jodmangel aus. Dem Verbraucher wird mit Kretinismus, also Verblödung, gedroht. Dass Kretinismus im Wesentlichen genetische Ursachen hat, Stichwort Inzucht, welche es in den Bergen Europas vor 100 Jahren sicher gab, wird ebenfalls unterschlagen.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Wenn uns etwas verblödet, dann ist es dieser Podcast des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
Frau Dorn und Herr Prof. Remer benutzen natürlich auch bewusst mehrfach den Begriff vom gesunden Jod. Doch so eindeutig ist die Sachlage nicht, meine Damen und Herren. Jod ist zuallererst einmal ein Halogen. Und zwei wesentlichen Eigenschaften von Halogenen sind toxisch und ätzend. Wir sollten nicht vergessen, dass bereits ein Teil Brom in zehntausend Teilen Luft lebensgefährlich ist. Fluor ist das reaktivste Element des Periodensystems, reagiert sogar mit Edelgasen. Chlor wird als Reinigungs- und Desinfektionsmittel eingesetzt, weil es als Biozid organische Substanz, Erbsubstanz und Mikroben vernichtet. Das gilt übrigens für alle Halogene. Auch Jodgas ist toxisch mit der höchsten Einstufung der akuten Toxizität 4 im Sicherheitsdatenblatt. Zudem können Jodradikale die Schilddrüse schädigen, zu viel Jod zur Entzündung der Schilddrüse und damit zu Über- oder Unterfunktionen führen. Wie erwähnt, trifft das dann vor allem Menschen, welche bereits an einer Schilddrüsenerkrankung wie einem autonomen Knoten oder Morbus Basedow leiden, für diese Menschen hat der Arbeitskreis Jodmangel offensichtlich überhaupt nichts übrig. Die stehen der Jodprophylaxe wohl im Wege.
Es gibt auch Hinweise, sprich eine Studie, dass Jod die Bildung von Nitrosaminen im Darm katalysieren kann. Nitrosamine sind Verbindungen, die als stark krebserregend gelten und man hat bis zum sechsfachen des Wertes gemessen. Zudem stellen sich Fragen zur Wirkung von Jod auf die Darmflora. Wenn Sie bei PubMed, einer öffentlichen Medizindatenbank, nachforschen, finden Sie da nicht viel. Aber es gibt eine paar Angaben von vor 200 Jahren, auf die komme ich später zurück. Es ist also nicht auszuschließen, dass Jod und Jodzusätze Substanzen sind, welche potentiell den Darm reizen und auch gesundheitlichen Schaden anrichten können. Möglicherweise muss man da zwischen natürlichem Jod und Jodzusätzen unterscheiden, aber es ist eben nicht ausreichend erforscht. Und das ist eine wichtige Erkenntnis, denn unsere Darmgesundheit ist entscheidend für unser Wohlbefinden (das wussten auch schon die antiken Griechen - Der Tod liegt im Darm).
Selbstverständlich ist aber auch, dass unser Körper die Halogene als Spurenelemente, also in sehr niedriger Dosierung, braucht. Fluor für die Zähne, Chlor fürs Nerven- und Immunsystem, Brom als Cofaktor der Peroxidase und Jod als Kernelement der Schilddrüsenenzyme T4 und T3, landläufig als Thyroxin bekannt.
Die Fragen sind deshalb: Wieviel Jod ist gut für uns und wie definiert man eigentlich Jodmangel? Und die Antworten darauf stützen oder stürzen die Jodprophylaxe.
Der WHO-Grenzwert für Jodmangel ist auf 100 µg Jod/l Spontanurin festgelegt worden, alles darunter signalisiert angeblich Mangelzustände. Ich frage sie, meine Damen und Herren, warum wurde die Grenze gerade bei 100 µg gezogen? Machen wir eine triviale Rechnung - eine 100 kg Person, verbraucht Thyroxin mit einem Jodgehalt von ca. 100 µg Jod pro Tag. Dazu muss man wissen:
Erstens: Die Schilddrüse speichert Jod bzw. jodhaltige Hormon für einen Bedarf von bis zu drei Monaten - natürliche Jod-Schwankungen im Nahrungsangebot können also ausgeglichen werden. Die logische Erkenntnis daraus ist: Der große Wirbel um die tägliche Jodaufnahme ist schwer nachvollziehbar, denn wir brauchen nicht täglich Jod.
Zweitens: Jod wird recycelt aus dem Abbau von Thyroxin, nicht sämtliches Jod muss daher ersetzt werden.
Drittens: Unser Blut enthält Jod, es hat eine Speicherfunktion von 100 bis 300 µg pro Liter. Allein diese Menge reicht für mehrere Tage aus.
Viertens: Jod befindet sich auch in anderen Organen (Milchdrüsen, Speicheldrüsen, Zirbeldrüse, Magen) - allerdings in kleinen Mengen.
Den Jodressourcen steht die Jod-Ausscheidung gegenüber, die sich aus Jodgehalt und Menge des Urins berechnet. Ca. 0,8 bis 2 Liter Urin scheiden wir pro Tag aus. Wenn man einen Jodgehalt von 100 µg pro Liter annimmt, also den Grenzwert, dann sind das bis zu 200 µg Jod in Summe, die wir täglich ausscheiden. Und ganz ehrlich meine Damen und Herren, ein Mensch der 100 µg Jod als Thyroxin ausschüttet und zwischen 80 und 200 µg Jod pro Tag im Urin ausscheidet, ist nicht an der Grenze zum Jodmangel: Im Gegenteil, der Körper recycelt das Jod nicht mehr, die Schilddrüse nimmt es nicht mehr auf, es wird ausgeschieden. Was aber passiert nun, wenn der Grenzwert zum Jodmangel zu hoch angesetzt worden ist? Dann wird der Jodmangel zur selbsterfüllenden Prophezeiung und sie werden überall auf dieser Welt Jodmangel finden, aber dieser Mangel ist dann rein hypothetisch und hat mit der Realität gar nichts zu tun. Die Frage stellt sich: ist die Jodausscheidung im Urin überhaupt ein zuverlässiger Marker? Und diese Frage bewegt wohl auch die Wissenschaft, denn das Max Rubner Institut, das Bundesinstitut für Ernährung und Lebensmittel, hat die sogenannte „gern-Studie“ aufgesetzt, bei der 12500 Erwachsene untersucht werden sollten, und, wie ich in Erfahrung bringen konnte, auch Blutanalysen auf Jodgehalte gemacht werden. Offensichtlich traut man den Urinwerten nicht wirklich über den Weg.
Es gibt aber auch eine weitere grundsätzliche und logische Erwägung, welche den großen flächendeckenden Jodmangel in Frage stellt:
Die Menschheit existiert seit ca. 300.000 Jahren. Die flächendeckende Jodprophylaxe seit wenigen Jahrzehnten. Sie merken, wie ein berühmt-berüchtigter Politiker einmal gesagt hat, das ist ein Vogelschiss. Hunderttausende von Jahren Evolution haben den Menschen an seine Umweltbedingungen angepasst, auch an niedrige Jodgehalte in der Nahrung. Es ist einfach absurd anzunehmen, dass alle unsere Vorfahren krank und dumm, bzw. wenig intelligent waren. Für manche trifft das vielleicht zu, hat aber mit Mangel an Jod wohl eher weniger zu tun. Konfrontiert man die Jodprofessoren mit dieser Erkenntnis, dann bekommt man die Antwort von Herrn Prof. Remer im Podcast:
„Die eiszeitlichen Gletscher sind schuld. Sie haben die Nährstoffe weggewaschen.“
Meine Damen und Herren, man könnte sich wirklich die Haare raufen, mehr bodenkundlicher Unsinn geht einfach nicht. Gerade die Eiszeit hat viel Gestein zermalmt und zur Bildung bester Böden, sogenannter Lössböden beigetragen. In Deutschland gibt es davon sehr viele. Deutschland hat insgesamt sehr fruchtbare und reichhaltige Böden im Vergleich zu anderen Ländern. Außerdem werden die Mineralien an die Bodenkolloide gebunden, ansonsten würden ja auch heute noch sämtliche Mineralien davonlaufen, wenn es mal viel regnet. Von der laufenden Nachlieferung durch Verwitterung ganz zu schweigen. Zudem wird den Nutztieren seit Jahrzehnten tonnenweise Jod ins Futter gekippt und kommt natürlich als organische Dünger wieder heraus, welcher auf unsere Felder wandert. Außerdem liegt das Ende der letzten Eiszeit ca. 10.000 Jahre zurück und es ist nicht bekannt, dass in der Zwischenzeit alle unsere Vorfahren unter Jodmangel gelitten hätten.
Natürlich gab es auch Jodmangel in einzelnen Gebieten, z.B. den schon erwähnten Gebirgsregionen der Schweiz, Österreich und Deutschland. Aber dieser Mangel war eben nicht nur auf die kargen Böden, sondern vor allem auch auf die Armut und Unterernährung der regionalen Bevölkerung zurückzuführen, welche sich mittels Subsistenzlandwirtschaft ernährte, also das aß, was die eigene landwirtschaftliche Nutzfläche hergab. Im Zeitalter des Tourismus und der Supermärkte hat sich dieses Problem längst gelöst. Auch antinutritive Stoffe haben damals eine viel größere Rolle gespielt. Vor hundert Jahren enthielten z.B. Pflanzenöle weit mehr Glucosinolate.
Meine Quintessenz: Die Definition des Jodmangels müsste grundsätzlich überarbeitet werden. Und das wäre eben auch eine Aufgabe der Begleitforschung bzw. des nicht vorhandenen Projektmonitorings.
Meine Damen und Herren, nachdem ich mich nun an diesem haarsträubenden Podcast abgearbeitet habe, würde ich gern noch etwas zur Geschichte von Jod und Jodprophylaxe beitragen. Die Jodtherapie gibt es nämlich bereits seit tausenden von Jahren (Chinesen). Entdeckt wurde Jod 1811 vom französischen Chemiker Bernard Courtois (kurtwa). Und schon 10 Jahre später, 1821, berichtete der Genfer Arzt Jean-Francois Coindet, von den Ergebnissen der Behandlung von 150 Patienten mit Jod, es gab zu damaliger Zeit einen großen Jodhype und Coindet schätzte auf Basis der Verkäufe in den Apotheken, dass ca. 1000 Personen Jod genommen hatten, wobei eine Dame an der Behandlung starb und etliche Krankheitsfälle aufgetreten waren. Einige Patienten klagten über Magen-Darm-Probleme und Unwohlsein (Sie erinnern sich an meine Ausführungen zum gesunden Jod). Man sah sich also gezwungen, Ärzte und Apotheker zusammenzurufen und Jod nur noch in enger Abstimmung dieser zu verkaufen. Die damals eingesetzten Jodmengen waren enorm, es wurden mehrere hundert Milligramm pro Tag über mehrere Wochen verabreicht, aber selbst diese Mengen konnten nicht alle Patienten heilen - bis zu 50% der Behandelten hatten nur partielle Erfolge. Dass bringt mich dazu, das Wissen von vor ziemlich genau 200 Jahren noch einmal zusammenfassen:
Man wusste also damals schon, dass Jod nicht die alleinige Lösung für alle Kropferkrankungen ist, und damit Jodmangel auch nicht die alleinige Ursache. Man wusste, dass Jod den Magen-Darm-Trakt reizt. Man wusste, dass Jod zu Erkrankungen führen kann. Man wusste, dass man an einer Jodbehandlung sterben kann. Also hatte man damals schon das Wissen, welches unsere Jodprofessoren heute so gern ignorieren. In der Bundesrepublik taucht Jodsalz dann 1959 wieder in der Diätverordnung auf, wurde also ärztlich verordnet bei Jodmangel was einer individuellen Jodprophylaxe entspricht, welche ich, nebenbei gesagt, für sinnvoll halte.
Der zweite Strang der Jodprophylaxe, die Futtermitteljodierung, begann 1970 mit einer EU Richtlinie (70/524/EWG) in der 40 ppm Jod also 40 mg Jod pro kg Tierfuttermittel zugelassen wurden (Bei Fluor sind es übrigens bis zu 350 ppm, also eine Zehnerpotenz mehr). Aber auch 40 ppm Jod sind eine enorme Menge. Eine Kuh frisst beispielsweise 10 kg Trockensubstanz am Tag, das heißt, sie würde bei einer solchen Jodierungsrate bis zu 400 mg Jod pro Tag aufnehmen. Das sind Mengen wie die Erwähnten von vor 200 Jahren und ergeben ca. 10.000 µg Jod pro Liter Milch, also 10 mg. (Nur als Denkanstoß, laut Deutscher Landwirtschaftsgesellschaft konsumiert ein durchschnittlicher Deutscher 1 bis 1,2 Liter Milch in Form von Milchprodukten pro Tag). Ob und in welchem Umfang solche Jodmengen tatsächlich in Deutschland oder der EU eingesetzt wurden, kann man heute nicht mehr nachvollziehen. Aufbewahrungspflichten über eine solch lange Zeit gibt es ohnehin nicht. Sollten diese Jodmengen aber tatsächlich eingesetzt worden sein, dann wurden damit definitiv toxische Lebensmittel geschaffen und vertrieben. Und es ist schon bemerkenswert, meine Damen und Herren, dass darüber niemand mehr reden will. Augenfällig ist aber auch, dass man ab einem bestimmten Zeitpunkt wohl begriffen hatte, was man mit so viel Jod anrichtet. So wurde 1997 von der EU die Richtlinie geändert auf 10 mg Jod. Das ist gerade mal ein Viertel vom ursprünglichen Wert. 2005 reduzierte man weiter auf 5 mg Jod und es gab 2013 weitere wissenschaftliche Stellungnahmen des EFSA-Panels, welche eine weitere Reduzierung forderten. Dies war aber politisch nicht umsetzbar, sprich die Jodlobby stellte sich quer. Neuere Anfragen im Bundestag und im Landtag wurden gleichlautend beantwortet, man würde im Schnitt ca. 1 mg Jod pro kg Tierfutter einsetzen, also ein Vierzigstel des ursprünglich zugelassenen Wertes. Diese Antwort stimmt aber nur bedingt, denn die erwähnte Milchprüfung durch Stiftung Warentest 2017 ergab Jodwerte von 110 bis 520 µg Jod pro Liter Milch. Und das ist auch das große Problem bei der Futtermitteljodierung - es gibt zu viele Fehlerquellen:
Der Hersteller des Mineralfuttermittels kann Fehler machen. Der Landwirt kann zu viel Mineralfutter einsetzen. Jodhaltige Desinfektionsmittel können in die Milch oder ins Futter gelangen. Und eine Kontrolle gibt es nicht, weder Futtermittel noch Milch noch andere Lebensmittel werden regelmäßig auf Jodgehalte kontrolliert, das Ergebnis aus 2017 war ein Zufallsfund. Bei Zuchtfischen, also Aquafarming, können offiziell sogar immer noch 20 mg Jod / kg Alleinfutter eingesetzt werden. Damit dürften diese Fische weit mehr Jod enthalten als Seefisch. Für den Verbraucher, also Sie meine Damen und Herren, ist die Futtermitteljodierung absolut intransparent - Sie bekommen keinerlei Informationen zum Jodgehalt tierischer Lebensmittel wie Milch, Käse, Ei, Innereien, Fleisch, Fisch, etc., keine Kennzeichnung, nichts.
Meine Schlussfolgerung dazu ist: „Zu große Mengen Jod und keine Kontrolle“
Was mich zu der ganz klaren Forderung verleitet, die Futtermitteljodierung muss umgehend eingestellt werden bzw. darf den realen Bedarf der Nutztiere nicht mehr überschreiten.
Eine zweite ableitbare Forderung wäre, dass die Geschichte und Praxis der Futtermitteljodierung politisch und öffentlich aufgearbeitet werden sollte bzw. muss. In diesem Zusammenhang verweise ich auf unsere laufende Petition an den Bundestag bei openPetition. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Petition unterzeichnen und auch weiterreichen würden. Denn…
ganz offensichtlich wussten die Herren Jod- und Futtermittelprofessoren nicht was sie taten.
Und das ist mir auch indirekt bestätigt worden von einem sehr anerkannten Tierernährer und langjährigen EFSA-Panel-Mitglied, Prof. Flachowsky, welcher mir erklärt hat, dass es bis zum Beginn des Jahrtausends keine exakten Methoden zur Bestimmung von Jodgehalten in Lebensmitteln gab.
Erst mit seiner Veröffentlichung von 2014, in der er 7 europäische Fütterungsstudien ausgewertet hatte, wurde klar und wissenschaftlich belegt, wie hoch der Jodtransfer in Lebensmittel eigentlich war. Aber da war es längst zu spät, da war es längst zu spät!
Auf die Jodsalzprophylaxe will ich nicht mehr groß eingehen. Sie haben es bereits gehört. Wichtig ist, dass man je nach Menge des täglich aufgenommenen Salzes auch hier bis zu 500 µg Jod pro Tag aufnehmen kann. Das entspricht allein bereits dem fünffachen Bedarf. Wie viel Jodsalz Sie wirklich aufnehmen, hängt aber nicht nur von der Menge Salz ab, welche Sie in der eigenen Küche konsumieren, sondern auch davon, wie viele Fertigprodukte Sie essen und ob Sie an der Gemeinschaftsverpflegung, sprich Kantine, Mensa, Klinikessen bzw. Krankenhaus etc. teilnehmen.
Bürger die kein Jodsalz im Haushalt einsetzen, werden logischerweise weniger Jod über das Speisesalz zu sich nehme, sind aber trotzdem einer verdeckten Jodprophylaxe ausgesetzt. Warum ist das so? Es gibt die bereits erwähnte, nicht gekennzeichnete und quantifizierte Futtermitteljodierung und es gibt die:
Zweite Verordnung zur Änderung der Vorschriften über jodiertes Speisesalz von 1993 mit der der Jodsalzeinsatz zu Teilen unkenntlich gemacht worden ist. So wurde: Die gesonderte Kennzeichnung „Mit jodiertem Speisesalz“ auf den Lebensmittelverpackungen abgeschafft. Die Kennzeichnungspflicht für lose unverpackte Ware (z.B. Brot und Brötchen) abgeschafft. Die Kennzeichnungspflicht in der Gemeinschaftsverpflegung abgeschafft. Auch im Gaststättengewerbe gibt es keine Kennzeichnung mehr. Mit der Änderung der Fleischverordnung wurde der Einsatz von jodiertem Nitritpökelsalz ermöglicht. Mit der Änderung der Käseverordnung wurde der Einsatz von jodiertem Speisesalz bei der Herstellung von Käse ermöglicht (bei Käse muss nicht gekennzeichnet werden). Die erlassenen Regelungen ermöglichten es also, den Jodsalzeinsatz für den Verbraucher zum Teil „unsichtbar“ zu machen. Dieser Zustand hält bis heute an. Zudem weigern sich die Jodprofessoren die Tatsache anzuerkennen, dass Jodzusätze in Lebensmitteln Allergien bzw. allergieartige Reaktionen, wie Hautausschläge auslösen können. Diese Weigerung führt dazu, dass Sie als Verbraucher damit auch keinen Hinweis über die Liste der Allergene in Nahrungsmitteln bekommen, welche ja mittlerweile in jeder Speisekarte Pflicht ist. Ein Schelm der schlechtes dabei denkt!
Diese Zweite Verordnung zur Änderung der Vorschriften über jodiertes Speisesalz von 1993 wurde vom Bundesrat abgenickt, denn die Bundesländer sind für die Lebensmittelkontrolle zuständig.
Und wie das gelaufen ist, hören wir uns mal kurz an. Also: ich bin jetzt mal der Präsident des Plenums:
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 84:
Zweite Verordnung zur Änderung der Vorschriften über jodiertes Speisesalz (Drucksache 554-93).
Möchte sich jemand dazu äußern? – Das ist nicht der Fall.
Die Ausschussempfehlungen ersehen Sie aus der Drucksache 554-1-93.
Wer den Empfehlungen des Gesundheitsausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.
Wir kommen dann noch zur Schlussabstimmung. Wer stimmt der Verordnung nach Maßgabe der soeben angenommenen Änderungen zu? – Das ist die Mehrheit.
Damit hat der Bundesrat beschlossen, die Verordnung usw.
Meine Damen und Herren,
Die A4-Seite Begründung des Gesundheitsausschusses lese ich Ihnen nicht vor, denn sie ist geradezu lächerlich inhaltslos.
Was kann man also zu dieser wegweisenden politischen Grundsatzentscheidung, oder besser gesagt Weichenstellung - die über Jahrzehnte nachwirken sollte und immer noch wirkt, kommentieren: Es gab keine Debatte im Plenum des Bundesrates.
Die Begründung des Gesundheitsausschusses ist inhaltslos und lapidar. Die Jodaufnahme über Lebensmittel und der Bedarf an Jod wurden nicht ansatzweise quantifiziert. Es gab keine Erwähnung einer Futtermitteljodierung und der daraus folgenden substanziellen Erhöhung des Jodgehaltes in Lebensmitteln. Dass die Jodprophylaxe aus zwei Komponenten besteht, deren Mengen sich ergänzen, wurde in krimineller Weise unterschlagen.
Meine Damen und Herren,
es ist festzustellen, dass die Jodpropagandisten, welche als Lobbyisten im Bundesgesundheitsministerium, im Bundesgesundheitsamt und in den Parlamenten wirkten, die Politik und natürlich die Parlamentarier kräftig über den Tisch gezogen haben. Und das macht ebenfalls nachvollziehbar, warum man im politischen Raum heute über dieses Thema nicht mehr reden will. Auf alle Fälle feierten die Jodprofessoren ihren Coup. Das kann man in der bga-Schrift 3/94, also einer Veröffentlichung des Bundesgesundheitsamtes nachlesen. Es gab ein Kolloquium am Max von Pettenkofer-Institut, zum dem wie üblich auch die Lebensmittelindustrie und das Lebensmittelhandwerk eingeladen waren und Prof. Rolf Großklaus führte folgendes aus:
„Diese Änderung der Vorschriften über jodiertes Speisesalz hat zwar Verbesserungen, aber noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht. (Er spricht hier über die Zulassung von Jodsalz in der Lebensmittelindustrie und Gemeinschaftsverpflegung 1989 und die Abneigung der Verbraucher sich einer Zwangsmedikation zu unterwerfen).
Als wesentlicher Hinderungsgrund haben sich die Kenntlichmachungsvorschriften erwiesen (hört, hört)... und er führt dann im Weiteren aus, dass die Zweite Änderung diese Hindernisse überwunden hat. Der widerspenstige Verbraucher wurde nun endlich bezwungen oder blind gemacht. Wie Sie es gerne möchten, meine Damen und Herren. Daraus leitet sich für mich folgende Forderung ab:
Wir brauchen eine durchgehende Kennzeichnung für den Einsatz von Jodsalz und jodhaltigen Zusätzen. Nur so kann der Bürger wirklich frei entscheiden, ob er an der Jodprophylaxe teilnehmen möchte oder nicht. Obwohl ich dazu sagen muss, und das gehört zu Ehrlichkeit dazu, dass wir Deutschen da noch privilegiert sind im europäischen Raum. Bei uns findet man hin und wieder noch eine Kennzeichnung, in den meisten Ländern der EU gibt es eine Kennzeichnung von Jodsalz gar nicht mehr. Julia Klöckner hat übrigens als Bundesernährungsministerin die Aussage gemacht, man müsse daran arbeiten die Kennzeichnung von Lebensmitteln in Europa zu vereinheitlichen. Da kann ich nur sagen: Nachtigall ich hör dir trapsen. Meine Damen und Herren, wenn wir nicht aufpassen bekommen wir bald gar keine Informationen über den Einsatz von Jodsalz mehr.
Und jetzt brauchen wir alle eine Pause und danach werde ich auf die Auswirkungen und Ergebnisse und die rechtliche Bewertung der Jodprophylaxe eingehen. Ja, meine Damen und Herren, willkommen zurück.
Nachdem ich im ersten Teil meines Vortrages auf die Funktionsweise und Geschichte der Jodprophylaxe eingegangen bin - kommen wir nun zur Frage: Was hat die 40-jährige Jodprophylaxe in Deutschland denn nun bewirkt.
Eine einigermaßen ehrliche Antwort auf diese Frage wäre: So genau wissen wir das gar nicht. Und diese Antwort habe ich, natürlich nicht so klar ausformuliert, von den Jodprofessoren im persönlichen Gespräch auch bekommen. Es fehlt an groß angelegten epidemiologischen Studien. Es fehlt vor allem auch an Meta-Studien, welche international die Jodprophylaxe vergleichen bzw. zusammenfassen. Es fehlt eine zentrale Statistik zu den Schilddrüsenerkrankungen in Deutschland. Es fehlt an Begleitforschung und Projektmonitoring zur Jodprophylaxe - und hier meine ich nicht die immerwährende Bestätigung der selbsterfüllenden Prophezeiung, indem man Jodgehalte im Urin bestimmt und dann den großen Jodmangel ausruft – ich meine die intensive Auseinandersetzung mit potentiellen negativen Nebenwirkungen (im englischen sagt man unintended effects – unerwartete Wirkungen). Es fehlt an klaren Zuständigkeiten - z.B. ist das Bundesernährungsministerium, also BMEL, für das Projekt zuständig obwohl es sich um das größte globale Gesundheitsprojekt aller Zeiten handelt: die Kontrolle liegt bei den Bundesländern. Und es fehlt vor allem der politische Wille, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und es aufzuarbeiten.
Aber, vor Gericht kann man ja auch auf der Grundlage von Indizien verurteilt werden, selbst wenn nur wenig Beweise vorliegen: Führen wir also einen Indizienprozess gegen die Jodprophylaxe:
Es gibt und gab in Deutschland Gesundheits- und Ernährungsstudien. Und da zeichnen sich interessante Entwicklungen ab. Im Jahr 2002 veröffentlichten Mitarbeiter des Robert Koch-Institutes Ergebnisse aus dem Zeitraum von 1984 bis 1991, also aus einer Zeit, die im Wesentlichen vor der allgemeinen deutschlandweiten Jodsalzprophylaxe lag. Insgesamt lag die Prävalenz der medikamentös behandelten Schilddrüsenerkrankungen bei 5,5%. Die Anwendung von Thyreostatika, ein Marker für Hyperthyreosen, also Überfunktionen, lag bei 0,4%. Der Prozentsatz von Probanden mit Struma lag bei unter 3%. Man hat also kein massenhaftes Struma oder Kröpfe finden können. Diese Ergebnisse können quasi als „Ausgangssituation“ bewertet werden. Im Übrigen hat auch Dr. Max-Otto Bruker unter den tausenden Patienten seiner Klinik nach Menschen mit Struma gesucht und fand nur wenige Fälle, die zudem keine gesundheitlichen Probleme hatten.
Weitere Studien mit Daten aus 1998 bzw. 2008 bis 2011 zeigten den linearen Anstieg von medikamentös behandelten Schilddrüsenerkrankungen auf 11,5%. Die Rate hatte sich also mehr als verdoppelt. Im Jahr 2019 antwortete die Landesregierung Rheinland-Pfalz auf eine Große Anfrage „Auswertung des Arzneiverordnungsreports und anderer Quellen im Hinblick auf die Verbreitung und Entwicklung von Schilddrüsenerkrankungen in Rheinland-Pfalz“. Aus dieser Antwort konnte ich einen Prozentsatz von ca. 17% medikamentös behandelter Schilddrüsenerkrankungen in Rheinland-Pfalz ableiten. Dass ist ein weiterer linearer Anstieg der Erkrankungen um mehr als 5%. Daten des Arzneiverordnungsreports liegen seit dem Jahr 2000 in Deutschland vor und die Anzahl der Medikamente für Schilddrüsentherapie sind im Zeitraum von 2000 bis 2018 von ca. 16 mio Packungen auf 27 mio Packungen bundesweit gestiegen. Allerdings liegen die realen Zahlen um ca. 10% höher, da hier die private Krankenversicherung nicht berücksichtigt ist. Meine Damen und Herren, ca. 30 mio Packungen in 2018, fragen Sie mich bitte nicht, wie viele es heute sind.
Fazit: Die Jodprophylaxe in der bestehenden Form hat das Heilsversprechen nicht eingelöst!
Oder wie Max-Otto Bruker sagte: Die Salzjodierung wird uns ein Heer von Schilddrüsenerkrankungen einbringen und verdienen werden nur die Jodsalzhersteller und die Pharmaindustrie!
Und natürlich gibt es immer Gegenargumente, die ich Ihnen gar nicht verschweigen möchte. Die Jodprofessoren argumentieren: Die Bevölkerung wird immer älter, die Demografie verschiebt sich und daher gibt es eben auch mehr Schilddrüsenerkrankungen. Diese Aussage widerspricht aber dem Versprechen, bis ins hohe Alter gesund zu bleiben, wenn man nur genügend Jod schluckt. Außerdem:
Die Aussage ist nicht beweisbar, den woher wissen wir denn, dass nur Ältere schilddrüsenkrank werden? Es gibt doch gar keine Statistik, welche solche Daten erfasst? Schauen Sie sich mal um in Ihrer Verwandtschaft und Bekanntschaft. Wie viele junge Menschen bereits eine Unterfunktion der Schilddrüse haben? Sie werden erstaunt sein. Wo bleibt denn der Effekt der Jodprophylaxe? Seit 40 Jahren oder länger, schlucken wir brav unser Jod, jeden Tag, und… Wir wissen gar nicht, welche Schilddrüsenerkrankungen grassieren und ob die Jodprophylaxe gegen diese überhaupt wirkt? Prof. Hotze aus Mainz sprach 2011 von 8 mio Hashimoto-Erkrankten allein in Deutschland und von 5,6 mio Basedow-Patienten. Die Schilddrüsenliga spricht auf ihrer Website von 30% der Deutschen mit Schilddrüsenproblemen. Ich sehe an dieser Stelle durchaus Bedarf für eine öffentliche Debatte. Unterstützen Sie mich.
Nächste These:
Die Jodprophylaxe war und ist in ihrer bestehenden Form grundgesetzwidrig und ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit!
Sie merken, wir betreten den juristischen Teil: Wie man sagt, vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Falls mein Vortrag bis jetzt also nicht anstrengend genug war, was ich nicht glaube, jetzt geht es richtig zur Sache. Ich versuche das mal in ganz einfachen Worten wiederzugeben - was der wissenschaftliche Dienst des Landtages Rheinland-Pfalz in seinem Gutachten geschrieben hat.
Die Grundrechte, welche in unserem Grundgesetz stehen, gelten nicht unbeschränkt. Der Gesetzgeber kann sie einschränken, wenn es dem Gemeinwohl dient. Das Grundrecht ist nicht absolut.
Allerdings können der Gesetzgeber und die Exekutiven auch nicht einfach machen was sie wollen. Sie können die Grundrechte nicht beliebig beschränken. Es muss einen guten Grund geben und es muss eine Abwägung erfolgen. Die Grenzen dieser Abwägung werden durch das Übermaßverbot definiert. Das heißt, ich kann nicht den einen retten, indem ich den anderen opfere (Sie erinnern sich vielleicht an die Debatte zu entführten Flugzeugen, ob man diese abschießen darf oder nicht). Und die Einschränkung der Grundrechte unterliegt dem sogenannten Gesetzesvorbehalt. Sie darf also nur per Gesetz erfolgen (Der Hintergrund ist, dass ein Gesetz im Parlament mehrfach debattiert werden muss und die Abwägung daher öffentlich nachvollziehbar geschieht). Wie sieht das nun bei der Jodprophylaxe aus:
Die Jodprophylaxe als Summe aus Futtermitteljodierung, Jodsalzeinsatz und Jodtabletten ist in keinem Parlament Deutschlands jemals debattiert worden.
Es gibt kein Gesetz zur Jodprophylaxe, welches aufgrund einer nachvollziehbaren, politischen Plenumsdebatte, also Parlamentsdebatte, erlassen worden wäre.
Die Jodprophylaxe ist ein Projekt, welches auf angeblich freiwilliger Basis durchgeführt wird (sie ist aber nur freiwillig auf der Ebene von Futtermittelindustrie, Ernährungsindustrie und Nahrungsmittelhandwerk, nicht auf der Ebene der Konsumenten also Bürger). Die Jodprophylaxe liegt in den Händen der Exekutive, welche diese mit entsprechenden Verordnungen ermöglichte - wie diese Verordnungen durch den Bundesrat geschleust wurden haben wir heute schon gehört. Die Jodprophylaxe ist also ein Eliten-Projekt, wobei die Eliten, welche sich für die Prophylaxe stark machen, sogleich Lobbyist als auch Exekutive sind - ich erinnere daran, dass Prof. Dieter Großklaus Präsident des Bundesgesundheitsamtes war, dort kam auch die Vorlagen für die Jodsalzverordnungen her, Prof. Rolf Großklaus war in führender Position sowohl beim BGA, als auch beim BgVV und BfR, nur als ein Beispiel. Ist der Gesetzesvorbehalt also erfüllt?
Ich sage nein!
Wie sieht es mit dem Übermaßverbot aus? Der wissenschaftliche Dienst des Landtages argumentiert, dass das Bundesamt für Risikobewertung, also die Exekutive, eine Aussage gemacht hat. Diese ist bereits 20 Jahre alt, stammt aus dem Jahr 2004, geht noch auf das BgVV zurück, offensichtlich auf Prof. Rolf Großklaus, ist aber heute noch beim BfR zu finden. Demnach werden durch 500 µg Jod pro Tag und auf Dauer keine Schäden angerichtet.
Meine Damen und Herren, diese Aussage war schon in 2004 nicht richtig, da bereits auf dem schon genannten Kolloquium am Max von Pettenkofer-Institut 1993 anderslautende Aussagen gemacht wurden (von Prof. Klaus Mann). Auch die WHO hat in 2004 bereits darauf hingewiesen, dass 300 µg nicht überschritten werden sollten. Außerdem gab es in den vergangenen 20 Jahren ja auch weitere Studien. So gibt es eine wirklich bemerkenswerte Studie von 2018 aus den USA. Urinary Iodine Concentration and Mortality Among U.S. Adults (also Jodkonzentration und Mortalität). Dabei wurden ca. 12.300 Erwachsene im Alter von 20-80 Jahren über einen Zeitraum von ca. 20 Jahren beobachtet und die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Personen mit einem Jodgehalt im Urin von 400 und mehr µg eine höhere Mortalität haben und vor allem bei Herzkreislauferkrankungen und Krebserkrankungen vorne liegen. Meine Damen und Herren, ich will mich jetzt nicht an einzelnen Studien festbeißen. Meine Lebenserfahrung lehrt, dass solche Debatten nichts bringen, weil es zu jeder Studie eine Gegenmeinung gibt. Ich will Ihnen nur klar machen, dass Jod in solchen Größenordnungen keine Lappalie mehr darstellt. Ist das Übermaßverbot im Sinne des Grundgesetzes also eingehalten worden?
Ich sage nein.
Und damit bin ich eigentlich am Ende meines Vortrages. Falls Sie noch Kraft haben, und nicht schon unter Jodmangel leiden, kann ich Ihnen aber noch erzählen, wie man im Landtag Rheinland-Pfalz mit meinen Anfragen umgegangen ist.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!